Glocken

Bild GlockenIn „gis, fis und h“

Im Jahre 1559, noch kurz vor der Einführung der Reformation wurde die Marienglocke, (mittlerer Ton) in gis gestimmt, gegossen. Sie trägt die Inschrift: „Maria heischen ich, tzom Deinst Gots roiffen ich, du Sunder, bekein dich, so geift deir Got sein ewege Rich- Henrice Reichter zu Luischeit, Jacob van Luenen, pastor. Dederich van Coellen guis mich.“

Die größte Glocke, (tiefer Ton, fis) ohne Datum ( 16. Jh.), dürfte nach Löttgen aus der Reformationszeit stammen. Die Inschrift dieser Glocke lautet: „ Nazarenus Rex Judaeorum, Osanna heisen ich, Arnt von Segen gos mich.“

Die älteste Glocke, Betglocke (hoher Ton) gleichzeitig die älteste Glocke im Windecker Ländchen, wurde 1446 gegossen und ist in h gestimmt. Sie trägt die Inschrift: „In der Helger Drifaldigkeit luden ich – Peter van Echternach gaus mich.“ Die 850 kg schwere Bronzeglocke ruft auch heute noch sonntag morgens zum Gottesdienst.

Ein alter Brauch wird in Leuscheid heute noch geübt; die Betglocke (h) beginnt das Geläut (in reformatorische Zeit morgen, mittags, abends) mit drei, vier, fünf, zusammen also zwölf Anschlägen. In Leuscheid unterlegt man folgenden Sinn:

Bei dreimaligem Anschlag bete: „Es segne uns der allmächtige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.“

Bei viermaligem Anschlag bete: „Der Herr aller Herren, der König aller Könige.“

Bei fünfmaligem Anschlag bete: „Der Herr aller Herren, der am Kreuze seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt hat, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben, Amen.“

Die Drei ist die göttliche Zahl mit dem Hinweis auf Dreifaltigkeit.

Die Vier (Vierheitssymbol) erinnert an das viererlei Ackerfeld, die vier Himmelsrichtungen, die vier Evangelien, die vier Elemente (Feuer, Wasser, Erde, Licht) und die vier Jahreszeiten, die vier Holzarten und Arme des Kreuzes und schließlich auch an die vier himmlischen Marschälle.

Die FÜNF will durch die fünf Wunden des Herrn die Versöhnung zwischen Gott und Welt anklingen lassen. Alle Schläge zusammen ergeben die Zahl Zwölf, die Zahl der Ewigkei9t, der Apostel, der Tierkreiszeichen und der Monate.

Auch unsere Glocken haben ihre eigene Geschichte und leider z. Teil verschwundene Bräuche. Der bergische Herzog behielt sich 1554 das Recht vor „den Pastor wie auch den Glockner mit dem Saynischen Grafen (zusammen) anzustellen, dann auch, den Glockenschlag mit vorgenanntem Grafen die abgestorbenen Personen zu beleuthen.“ Es hat viel Ärger um das Glockenrecht gegeben. Das wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass zwischen dem Glockenschlag (soweit die Glocke dringt) und dem Hegen eines ordentlichen Gerichtes ein enger Zusammenhang bestand. Der „Glockenschlag“ rief die Untertanen zum Dienst, zum Frondienst auch für die Leistungen des (lutherischen!) Glöckners regelmäßig Abgaben zu leisten hatten (1770). Der Glockenturm „unterstand“ der Hoheit des Landesherrn, der auch die Baupflicht innehatte, zwei Landesherren – zwei Türme!

Ein sehr alter Brauch ist das Beiern, in manchen Orten nach Einbau es elektrischen Läutewerks leider verloren gegangen. Beim Beiern lässt man die kleinste Betglocke (h) zuerst beginnen, die übrigen Glocken fallen gleichmäßig, dem Takt angepasst ein. Jede Pfarre hatte ihren eigenen Rhythmus, dem allerlei lustige Merksprüche untermalt werden. Es wurde ja nur zu hohen Festen gebeiert. Alte Glöckner führten ihre Kunst mit Hämmerchen und mit einer Kette aus. Dieses Glockenspiel ist schon im 13. Jh. bekannt.

An hohen kirchlichen Festen wie z. Beispiel Heiligabend, 1. Weihnachten, Ostersamstag und -Sonntag und an Pfingst- Samstag und -Sonntag erklingt seit Jahrzehnten das feierliche Geläut des Glockenbeierns.

„Ludwig, Ludwig, bom bom bom, im Sommer maachen mer Heu,

un wann mer´et net im Sommer dohn, dann dohn mer´et at im Mai“

So lautet der Text der alten überlieferten Glockenmelodie. Im 1000 Jahre alten Kirchturm der Evangelischen Kirchengemeinde schlagen an hohen Feiertagen nach jahrhundertealtem Brauch Beiermänner die Glocken. Mit Hilfe von Seilen werden die schweren Klöppel gegen die ruhig hängenden, schräg gestellten Glocken geschlagen. Das ist Kraftarbeit, muss aber mit viel Gefühl gemacht werden, damit die drei großen Bronzeglocken, gestimmt in fis, gis und h keinen Schaden nehmen. Beiern bedeutet das rhythmische Läuten einer Glocke, das sehr viel Kraftarbeit und auch viel Gefühl verlangt. In früheren Zeiten wurden die Kirchenglocken als eine Art Medium zur Masseninformation genutzt. Sie warnten u. a. vor Feuer, Krieg, Unwetter und informierten die Menschen über die Tageszeit. Daraus entwickelte sich auch diese Art des Glockenspieles und jede Gemeinde hatte ihr spezielles Baierlied. Zu hören und zu sehen ist dies im Internet unter YouTube: „Glockenbaiern in Leuscheid 2011“.

Der Brauch des Störmens wurde vom regierenden Grafen Adolf von Sayn energisch verboten. Bei Notzeiten, Katastrophen, Feuersbrünsten schlug der Glöckner mit einem Hammer gegen den Schallring. Der schrille Klang drang bis in die letzten Winkel des Kirchspiels. Man nannte dieses Geläut auch „Wetterläuten.“ Der Aberglaube, das Wetterläuten vertreibe das Unwetter, führte zum Verbot des Störmens als eines „päpstlichen Missbrauchs.“ Ein letztes Störmen in Leuscheid wird 1795 beim Durchzug feindlicher Franzosen gemeldet.